Mit zahlreichen Projekten und Kampagnen im In- und Ausland ist auch der Lions Club Alzey ein starkes Beispiel dafür, wie viel Engagierte gemeinsam bewegen und verändern können – regional wie global.
Gegründet wurde der Lions Club Alzey im Mai 1971 von Dr. Karl Heinz Kipp. Ein Jahr später, in seiner Ansprache als Gründungspräsident zur Charterfeier, verpflichtete er die Mitglieder zu sechs großen Zielen: „Einen Geist gegenseitigen Verständnisses unter den Völkern der Welt zu schaffen und zu fördern - sich für die Beachtung der Grundsätze eines gesunden Staatswesens und Bürgersinns einzusetzen - reges Interesse am bürgerlichen, kulturellen, sozialen und sittlichen Allgemeinwohl zu zeigen - die Mitglieder des Clubs durch die Bande der Freundschaft und gegenseitigen Verständnisses einander näher zu bringen – eine Stätte freier Erörterung aller Fragen von öffentlichem Interesse zu schaffen – hilfsbereite Männer dazu zu ermutigen, unter Verzicht auf persönliche und finanzielle Entschädigung ihrer Gemeinde zu dienen und hohe ethische Maßstäbe zu setzen.“
Grundsätzlich gelten die damaligen Verpflichtungen auch heute noch für die Alzeyer Lions, auch wenn man mittlerweile einige Formulierungen etwas „updaten“ würde, betonte Prof. Dr. Ulrich Zechner in seiner Festansprache zum „Goldenen Jubiläum“, die aus Coronagründen vorerst leider nur online stattfinden konnte. 41 Männer und Frauen zählt der Club heute als Mitglieder, die sich alle 14 Tage dienstags zu den regulären Clubabenden zusammenfinden. Des weiteren stehen gemeinsame Unternehmungen auf dem Jahresprogramm: Exkursionen, Veranstaltungen und ein jährliches Treffen mit dem französischen Partnerclub Pithiviers-Gatinais, südlich von Paris, mit dem man bereits seit 1976 freundschaftlich verbunden ist. Neben dem „internen“ Programm organisieren die Lions im Kreis Alzey jährlich ein oder zwei öffentliche Veranstaltungen und engagieren sich aktiv und finanziell in verschiedenen Einzelprojekten und „Langzeitactivities“. Zu diesen gehören seit der Clubgründung die Unterstützung des JuKu (damals „Haus der Jugend“) und der Löwenschule in Alzey, seit Jahren die Arbeit für KIKAM, der Interessengemeinschaft für Kinder der Intensivstation und Kinder-Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz, sowie die Förderung des „SCHAUfenster à la Art“ (Kunstpreises des Landkreises Alzey-Worms). Seit Mitte der 90er Jahre ist der Alzeyer Club zudem ein bundesweites Zentrum für „Brillen ohne Grenzen“, ein Projekt, das hier als eines von vielen Beispielen etwas näher vorgestellt werden soll.
Das Sehen ist wohl der wichtigste unserer fünf Sinne, umfasst er doch ca. 84% der Wahrnehmung eines gesunden Menschen. Jedoch: weltweit sind ca. 36 Millionen Menschen blind und etwa 217 Millionen Menschen sehbehindert! Davon leben rund 90 Prozent in Entwicklungsländern. In Afrika kostet eine Brille oft mehr als ein durchschnittlicher Bürger in einem halben Jahr verdient. Für viele Menschen bleibt eine Brille daher unerschwinglich. Die Alzeyer Lionsfreunde Rolf-Günter Willeke und Jürgen Schüler hatten es sich deshalb schon vor fast 30 Jahren zur Aufgabe gemacht, bundesweit Brillen für Menschen in der Dritten Welt zu sammeln, nachdem sie das Projekt „Lunettes sans Frontière“ des elsässischen Kapuzinerpaters François-Marie Meyer kennengelernt hatten.
In den Kellerräumen seines ehemaligen Klosters in Hirsingue im Elsass, das heute eine Einrichtung für geistig behinderte Menschen ist, hat Meyer, der früher Anstaltsprediger für Blinde war, damit begonnen, Brillen zu sammeln und Bedürftigen zur Verfügung zu stellen. Ihn, bzw. den von ihm gegründeten gemeinnützigen Verein, wollte man durch eigene Brillensammlungen und der Suche nach weiteren Partnern unterstützen. Über 120 Kooperationspartner, neben Lions Clubs auch Augenoptiker, Arztpraxen und Privatpersonen, tragen mittlerweile zu dieser Activity der Alzeyer Lions bei und senden gespendete Altbrillen. Wenn das Lager, in dem sie hier gesammelt werden, gut gefüllt ist, werden die Kisten und Kartons voller Brillen (darunter auch nur Gläser, leere Gestelle oder Etuis) in einen Transporter gepackt und ins Elsass gefahren. Mit mehr als 30 ehrenamtlichen Helfern reinigt, vermisst, sortiert und repariert „Lunettes sans Frontière“ dort das angelieferte Material. Anschließend werden die nach Stärke sortierten Brillen in 2-3 kg schweren Paketen mit der französischen Post in bis zu 56 verschiedene Länder der Welt auf Bestellung verschickt, gezielt an ihre Bestimmungsorte in Afrika, Asien und Lateinamerika, sowie an Bedürftige in Europa. Sie gehen insbesondere an kirchliche Einrichtungen und Krankenhäuser. Die Hälfte der Portokosten trägt der französische Staat.
Die verteilten Brillen optimieren nicht nur das Sehen ihrer neuen Besitzer sondern auch deren Lebensalltag. Viele Kinder lernen nur dann lesen und schreiben, wenn sie gut sehen können. Erwachsene können oft nur mit guter Sehkraft einen Beruf ausüben. Die Lebensqualität und die Zukunftschancen von armen Menschen werden durch die Verteilung der gebrauchten Brillen erheblich erweitert. Das ehrenamtliche Sammeln und Verteilen von Brillen stiftet also enormen Nutzen.
In diesem Jahr wurde die Marke von insgesamt 350.000 Brillen überschritten! Rolf-Günter Willeke, der Initiator, konnte dieses Jubiläum leider nicht mehr miterleben. Als er 2018 verstarb, übernahmen Gertrud und Dr. Richard Giloth das mittlerweile bundesweit bekannte Großprojekt. Ihre Garage in Gau-Odernheim ist fast schon wieder voll, sodass es demnächst zusammen mit Rudolf Menge, der den Transporter stellt, wieder auf die Reise ins Elsass geht.
Vielleicht haben auch Sie zuhause noch alte Brillen liegen, die Sie nicht mehr nutzen. Geben Sie ihnen eine neue Bestimmung! Geben Sie sie ab bei Dr. Richard Giloth (Albiger Str. 19, 55239 Gau-Odernheim) oder rufen Sie an unter (06733) 9293870 oder (06733) 8199.